Trauerreden Paula Zwernemann

Trauerreden, die auf der Beerdigung von Paula Zwernemann, verstorben am 06.12.2019, gehalten wurden: 

  1. Trauerrede von Herrn Ulrich Friedlmeier, Leiter des Jugendamts Waldshut-Tiengen
  2. Trauerrede von Claudia Kobus, Leiterin der Geschäftsstelle der Akademie und des Beratungszentrums für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte BW e.V. 
  3. Trauerrede von Dr. Ulrike Bischof, Vorsitzende der Akademie und des Beratrungszenrums für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte BW e.V. 

Ulrich Friedlmaier, Jugendamt Waldshut-Tiengen 

Sehr verehrte Angehörige, sehr verehrte Trauergäste,
der Landkreis Waldshut nimmt heute in Verbundenheit mit Ihnen Ab-schied von seiner geschätzten ehemaligen Mitarbeiterin und Kollegin Paula Zwernemann, die am 6. Dezember 2019 mit 82 Jahren verstorben ist. 

Wir nehmen Abschied mit Betroffenheit und Trauer aber auch mit Dankbarkeit für die vielen Jahre, die uns mit Paula Zwernemann gegeben wurden. 

„Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt so-viel ich konnte“ sagte die Rose zum kleinen Prinzen. Dieses Zitat aus Ihrer Traueranzeige trifft wie ich finde sehr gut auf das berufliche Wirken von Paula Zwernemann zu: 

Frau Zwernemann trat am 1. Mai 1978 als Sozialarbeiterin in den Dienst des Landkreises Waldshut ein. 1981 übernahm sie die Leitung der Adoptionsvermittlungsstelle und war gleichzeitig für die sozialpädagogische Betreuung des Programms „Mutter und Kind“ zuständig, einem Modellprojekt des Landes Baden-Württemberg, das ihr sehr am Herzen lag. 

Sie war maßgeblich am Aufbau des Pflegekinderdienstes und der Adoptionsvermittlung im Landkreis beteiligt und bereit neue Wege zu gehen, um diesen wichtigen Bereiche fachlich weiterzuentwickeln. 

Ich bin seit 1993 im Jugendamt tätig und bis Frau Zwernemann Ende Januar 2002 in den wohlverdienten Ruhestand ging, war sie meine unmittelbare Vorgesetzte. 

Was war ihr wichtig, was war handlungsleitend für Sie? Da gab es nur einen zentralen Punkt, nämlich alles dafür zu tun, dass eine gute und sichere Eltern-Kind-Bindung entsteht. Und wenn für ein Kind der Verbleib bei den Eltern nicht möglich ist, dann soll eine tragfähige Beziehung zu den Pflege- oder Adoptiveltern entstehen und diese soll dauerhaft geschützt werden. 

Mit großer Energie und Zielstrebigkeit hat sich Frau Zwernemann jedem einzelnen Fall angenommen und es durch ihre Beharrlichkeit geschafft, für viele Kinder, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen konnten, eine geeignete Pflegefamilien zu finden. 

Mit gleicher Intensität hat sie sich auch für die alleinerziehenden Mütter im Programm Mutter und Kind eingesetzt, um dafür zu sorgen, dass eine sichere Eltern-Kind-Bindung entsteht und die Mütter an berufliche, existenzsichernde Perspektiven herangeführt werden. Es ging ihr letztlich immer um das Urvertrauen, das wir Menschen in unserer frühen Kindheit benötigen, um gut in das Leben zu starten und um uns entwickeln zu können. 

Ihre Tätigkeit als Sozialarbeiterin war für sie nicht nur Beruf, sondern Berufung. Sie war eine streitbare Verfechterin ihrer Ansichten und auch im Ruhestand war sie weiter aktiv, publizierte Fachbücher, hielt Vorträge, leitete Workshops und war auch Vorstandsmitglied in der Akademie und im Beratungszentrum für Pflege- und Adoptivfamilien.

Wir können heute dankbar auf das zurückblicken, was sie für den Land-kreis Waldshut geleistet hat. Wir nehmen heute Abschied von einer anerkannten ehemaligen Mitarbeiterin und Kollegin, wir sagen Dank für ihre Arbeit, ihren unermüdlichen Einsatz und ihre Hilfsbereitschaft.

Wir werden Frau Paula Zwernemann ein ehrendes Andenken bewahren.

Claudia Kobus, Leiterin der Geschäftsstelle der Akademie für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte BW e.V. 

„Wie goots dem Büble?“ - Diese Frage war typisch für Paula. 
Um das Wohlergehen der Kinder drehte sich Paulas ganzes Berufsleben und ebenso ihr großes Engagement nach ihrer Pensionierung. Auf einer Fachtagung lernte ich Paula kennen. Ihr Name war mir durch einen Fachartikel bekannt und so sprach ich sie an. Daraus entstand eine jahrzehntelange enge fachliche Zusammenarbeit und freundschaftliche Beziehung.
Ihre Energie und ihr unbeugsamer Wille, sich für die Kinder einzusetzen, die großes Leid in ihren Herkunftsfamilien erfahren haben und deshalb von ihnen getrennt werden mussten, kannten keine Grenzen. Paula war rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche für Pflege- und Adoptivfamilien ansprechbar, wenn es um das Wohl der Kinder ging. 

Auch ich selbst durfte das erleben: “Ich steh Dir bei“. Mit diesen Worten, die Paula zur mir und zu so vielen anderen gesagt hat, wird deutlich, wie sie gelebt und was sie gegeben hat. Paula hat in oft ausweglos erscheinenden Situationen, in denen beispielsweise die Herausnahme des Pflegekindes aus der Pflegefamilie drohte, eng an der Seite der Pflegeeltern gestanden und mit ihrem großen Wissen und ihrer Erfahrung dafür gekämpft, dass das Kind nicht aus der Familie gerissen wird. 

Und sie hatte dabei sehr oft Erfolg. Wer das erleben durfte, wird Paula immer im Herzen und in dankbarer Erinnerung behalten. 
Ich danke ihr für die vielen gemeinsamen Jahre, in denen ich so viel von ihr lernen und mit ihr arbeiten durfte. Ein Fachbuch über die Pflegekinderhilfe ist entstanden und wir haben gemeinsam an fachlichen Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben gearbeitet, sie in Baden-Württemberg und in Berlin eingebracht und dabei vieles erreicht. Bleiben wird aber auch die Freude, die uns die gemeinsame Arbeit gemacht hat, die geteilte Freude an der Natur, die Erinnerung an gemeinsam gefeierte Apfelfeste und wie oft wir aus ganzem Herzen gelacht haben. 

Dr. Ulrike Bischof, Vorsitzende der Akademie und des Beratungszentrums für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte BW e.V. 

Nach ihrer Pensionierung und beinahe bis zuletzt hat Paula aktiv im Vorstand der Pflegeelternschule bzw. heute der „Akademie und des Beratungszentrums für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte Baden-Württemberg e.V.“ mitgearbeitet. 
Die Achtung vor der Würde der Kinder und ihrer grundgesetzlich verankerten Rechtsposition bestimmte Paulas Leben.
In ihrem Buch hat sie es so formuliert: „Ich durfte viele Menschen begleiten, die – als sie Kinder waren – keine guten Startbedingungen in ihr Leben hatten. Durch Menschen, die sich für diese Kinder eingesetzt haben, ist es gelungen, dass sie heute ein selbstbestimmtes Leben führen können. Dieses Gelingen wünsche ich allen Menschen, denen Kinderschicksale ans Herz gehen“. 
Mit ihrer Fachkompetenz, ihrem Wissen und ihrer großen Erfahrung hat Paula ganz wesentlich zum Gelingen dieser Aufgabe beigetragen. Sie prägte lange Zeit die inhaltliche Arbeit und Ausrichtung unseres Vereins, war eine erfahrene Referentin und Praxisanleiterin und Initiatorin und Motor vieler Aktivitäten, Paula entwickelte federführend überregional beachtete Aus- und Weiterbildungen für Pflege- und Adoptiveltern und hat Generationen von Pflege- und Adoptiveltern gestärkt und auf ihrem Weg begleitet.

Sie widmete sich aber nicht nur unermüdlich dieser Bildungs- und Beratungsarbeit, sondern engagierte sich auch leidenschaftlich für die Gemeinwesenarbeit und setzte sich vehement dafür ein, dass die Betroffenen sich einmischen und sich für die Belange von Pflege- und Adoptivkindern vor Ort einsetzen. Ebenso wichtig war ihr das politische Engagement für eine bessere rechtliche Absicherung von Pflegeverhältnissen. Wenn wir wieder einmal gestöhnt haben wegen der vielen Aufgaben, die unbedingt angegangen werden mussten, motivierte und bestärkte uns Paula so lange, bis wir uns an die Arbeit gemacht haben. So entstanden viele Stellungnahmen zu wichtigen Reformvorhaben der Pflegekinderhilfe und neue Projekte. 

Um diesen Anliegen regional und überregional Gehör zu verschaffen, gründete Paula den Landesverband Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien mit und übernahm einige Jahre auch Verantwortung als Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien. 
Ihre Fachpublikation „Pflegekinderhilfe/ Adoption in Theorie und Praxis“ entstand in enger Zusammenarbeit mit unserem Verein, also der Akademie, und stellt eine wichtige fachliche Grundlage sowohl für unsere Ausbildungen und Seminare als auch für Fachkräfte dar. 

2006 erhielt Paula für ihre langjährige und umfangreiche engagierte Tätigkeit zum Wohl von Pflegekindern den Förderpreis der Stiftung zum Wohl des Pflegekindes. 
Wir verlieren mit Paula nicht nur eine gute Freundin, sondern auch eine unermüdliche und leidenschaftliche Streiterin für die Interessen und die Rechte von Pflege- und Adoptivkindern. 
Wir sind dankbar dafür, dass wir an Ihrem Wissen und Ihren Erfahrungen teilhaben durften und sie bis zuletzt an unserer Seite stand. 

Als „Akademie und Beratungszentrum für Pflege- und Adoptivfamilien und Fachkräfte Baden-Württemberg e.V.“ werden wir auch weiterhin unsere ganze Kraft dafür einsetzen, die Situation von Pflege- und Adoptivkindern zu verbessern und Pflege- und Adoptivfamilien bei ihrer auch gesellschaftlich so wichtigen Aufgabe zu begleiten und zu unterstützen. 
Und wir wissen, dass Paula uns dabei auch weiterhin beisteht: ihre Haltung, ihr bedingsungsloser Einsatz für die Kinder, ihr Humor und ihre Publikationen haben Spuren hinterlassen und werden uns auch zukünftig begleiten.